Kapelle am Marienturm

Voller Elan war die Vredener Bevölkerung nach Abschluss der aufsehenerregenden Ausgrabungen im Herbst 1951 an den Wiederaufbau ihrer Pfarrkirche St. Georg gegangen. Angesichts der wachsenden Bevölkerung plante man nicht nur großzügig, sondern spendete auch so. Die neuen Fundamente waren bereits gelegt, als die Bistumsleitung im Januar 1952 die Baugenehmigung verweigerte. Sie erklärte, die geplante Kirche sei viel zu groß und müsse kleiner ausfallen. Der Kirchenvorstand hielt dagegen an seinen Plänen fest, zumal die Motive ihrer Ablehnung durch das Generalvikariat lange unklar blieben. Erst allmählich wurde in Vreden deutlich, dass Bischof Michael Keller entsprechend seinem pastoraltheologischen Konzept eine Aufteilung der Pfarrei St. Georg in mehrere kleinere Pfarrgemeinden anstrebte. Noch während der Wiederaufbau von St. Georg gezwungernermaßen ruhte, erwarb das Bistum Ende 1952 ein Grundstück an der Winterswijker Straße. Hier erfolgte nur ein halbes Jahr nach der vorläufigen Fertigstellung der Georgskirche am Pfingstmontag 1955 die Grundsteinlegung für die neue Kirche nach einem damals mehrfach benutzten Plan des Diözesanbaurats Boklage. Am 18. November 1956 fand die Weihe statt. Zur Kirchenpatronin bestimmte der Bischof im Nachklang des Marianischen Jahres 1954, als das Fest Maria Königin eingeführt worden war, die in den Himmel aufgenommene Jungfrau Maria. Anfangs rechtlich noch eine Filialkirche von St. Georg, wurde St. Marien zum 15. Februar 1957 zunächst Rektoratskirche und am 26. Oktober Pfarrkirche. Ihr Pfarrbezirk umfasste das Stadtgebiet südlich der Berkel sowie die Bauerschaften Große Mast und Gaxel.

Aber schon nach nur einem halben Jahrhundert kam das Ende der Marienkirche. Während die Gemeinde das 25-jährige Jubiläum vorbereitete, eröffnete Weihbischof Tebartz-van Elst dem Pfarrgemeinschaftsrat im Januar 2005, für sämtliche Vredener Pfarrgemeinden sei eine Fusion vorgesehen, und für St. Marien könne es keine Bestandsgarantie geben. Im Laufe des Jubiläumsjahres zeichnete sich dann immer deutlicher ab, dass nicht nur die Pfarrgemeinde aufgelöst, sondern auch die Pfarrkirche aufgegeben werden würde. Einst auf bischöflichen Befehl gegründet, wurde ihre Existenz nun durch Machtspruch Münsters beendet. Das machte die am 9. September 2007 vollzogene Fusion aller Vredener Pfarrgemeinden für die Gläubigen von St. Marien besonders schmerzhaft. Noch vor Ablauf des Jubiläumsjahres hatte das Generalvikariat im November 2006 bekanntgegeben, St. Marien solle zwischen 2008 und 2015 aufgegeben werden. Im Oktober 2009 wurde das Ende des Kirchenjahres 2011 genannt. Damit erfolgte am 20. November 2011 die Profanierung der Marienkirche. Da sich keine andere Nutzung für sie fand, wurden ihr Abriß und die Überplanung des Areals mit einem Wohngebiet, dem Marienquartier, beschlossen. Einige Ausstattungsstücke gelangten wie die Orgel in die Stiftskirche oder das den Durchzug des Volkes Israel durch das Rote Meer darstellende Secco-Bild des Priestermalers Sieger Köder in die Georgskirche. Im Februar/März 2015 wurde die ehemalige Marienkirche abgerissen. Erhalten blieb nur der Turm, in dem eine kleine Kapelle eingerichtet wurde. In dieser am 26. November 2017 geweihten Kapelle sind die Fenster der früheren Turmkapelle und das zuletzt im Chor, ursprünglich aber auf der Kreuzung von Bahnhofstraße, Winterswijker Straße und Up de Bookholt stehende barocke Bußmannsche Kreuz zu sehen.

Kapelle am Marienturm
Marienstr. 
48691 Vreden

Literaturhinweise

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